Die Arbeit „Venus0“ umfasst zwei Abendkleider, die sich der „Festmode“ zuordnen lassen. Festmode besteht häufig aus hochwertigen Materialien und ist aufwendig verarbeitet. Doch trotz ihres vergleichbar hohen Werts wird Kleidung für besondere Anlässe oft wie ein Einmalprodukt gehandhabt. Venus0 ist aus einem wasserlöslichen Material gefertigt, das herkömmlich in der Chirurgie verwendet wird. Der stärkebasierte Pressvlies ist komplett abbaubar. Die Materialwahl für „Venus0“ soll sichtbar machen, wie Abendmode konträr zu ihrer Hochwertigkeit als Wegwerfartikel behandelt wird.
Die Idee besteht bei „Venus0“ darin, dass zunächst problematisch wirkende Konsumverhalten nicht zu ändern, sondern innovativ mit dem Herstellungsmaterial umzugehen. Das Kleid wird durch die Materialwahl zu einem ökologisch vertretbaren Wegwerfartikel und seine Zersetzung wird Teil des zeremoniellen, einmaligen Tragens des Kleides. In Bezug auf den Teil der Bekleidungsbranche, die sich mit nachhaltigen Materialien und Verarbeitungsprozessen beschäftigt, wird die Annahme getroffen, dass die Dringlichkeit und Ernsthaftigkeit des Themas der Nachhaltigkeit das Spielerische und Lustvolle in der Mode eindämmen. Dies liegt oft an praktischen Gründen wie der Priorisierung der Materialinnovation bei gleichzeitiger Knappheit der Mittel. Es gibt aber auch Produkte, deren Design vorrangig die Nachhaltigkeit des Produktes kommuniziert, was gestalterische Möglichkeiten ungenutzt lässt und somit auch weniger Begehren bei Konsumenten auslösen kann.
Vergänglichkeit und das ständig Neue stellen den Kern der Mode dar und machen einen großen Teil ihres Reizes aus. Auch unser Luxusbegriff ist sehr mit dem Verschwenderischen und dem Aufwändigen verbunden. Durch die Materialwahl bei „Venus0“ wird dieses Problem in der Modeindustrie als eine Stärke perspektiviert und die Lust an Neuem bewahrt. Durch die Zerbrechlichkeit des gewählten Stoffs wird die Lebensdauer des Kleides kürzer, wodurch dieses noch zu einem Unikat und damit auch mehr zu einem Luxusgut wird. Das Material, das auf den ersten Blick zur Herstellung von Kleidung vollkommen ungeeignet scheint, wird passend, wenn bedacht wird, wie wenig die meisten Kleidungsstücke eigentlich getragen werden.